Einführung in den Lernbereich Deutsch / WS 98/99
Dozent: Hans-Dieter List
Referentin: Juliane Thielmann
16.1.99

Kreatives Schreiben

Der Kreativitätsbegriff

  • in den 70er Jahren: Kreatives Verhalten folgt nicht vorgegebenen Denkbahnen, sondern bricht aus den gewohnten Muster aus, bezweckt Auflehnung gegen Autoritäten.

  • Bedeutung für den Deutschunterricht: Durchbrechung sprachlicher Normen (z.B. durch Verfassen von Unsinnstexten und Verfremden von Textvorlagen )

  • in den 80er Jahren: Kreativität als Mittel zum Selbstausdruck, zur Entäußerung der verborgenen inneren Welt und zum Entwurf einer neuen, subjektbestimmten Wirklichkeit (z.B. durch Verfassen von lyrischen Gedichten, tagebuchartigen Notizen und Erzählungen von Erlebtem )

Aufsatzdidaktische Entwicklungen ab den 80er Jahren

1)
Freies Schreiben (nach Sennlaub): Erlebnisorientierter Schreibunterricht, Kindern ist freigestellt, wann, wo und worüber sie schreiben

2)
Personales Schreiben: Umfaßt alle Schreibformen, die sich als eine Suchbewegung auf dem Weg zur eigenen Identität verstehen

3)
Schreiben als Prozeß: Der Prozeß der Schreiberfahrung ist wichtiger als das Produkt

Einflüsse aus der Psychologie

  • Bezug zur Tiefenpsychologie (Freud): Einsatz der "freien Assoziation" (Therapie der Tiefenpsychologie) beim kreativen Schreiben, um seelische Gehalte, die dem realitätsorientierten Alltagsbewußtsein entzogen sind, darstellbar zu machen. Wichtig ist hierbei der Schutz der Intimsphäre!

  • Bezüge zur Gestalttherapie:
    Hauptanliegen: Aufhebung der Zersplitterung des modernen Menschen und Wiederherstellung der Einheit von Leib, Seele und Geist

  • praktische Anregungen vom kreativen Schreiben übernommen (Phantasiereise, Meditation)

  • Argumente aus der Gehirnforschung: Erkenntnis zur Hemisphärendifferenzierung führen zur Forderung an das kreative Schreiben, rechte und linke Gehirnhälfte so in Beziehung zu setzen, daß sie einander nicht blockieren, sondern anregen (z.B. durch "Clustering")

  • Wygotskis Konzept der inneren Sprache:
    Forderung an kreatives Schreiben: Aktivierung der inneren Sprache, die für kreative Einfälle offener ist und nicht zu schnelle Unterwerfung unter Diktat der normalgeleiteten, geäußerten Sprache.

  • Winnicotts Kreativitätstheorie
    Aufhebung der Trennung zwischen Subjektivität und Objektivität führt zu einem intermediären (=dazwischenliegenden ) Raum, in dem auch kreatives Schreiben angesiedelt werden kann

Kulturgeschichtliche Einordnung

Die Schrift hat im Zivilisationsprozeß der Menschheit das logische, lineare, analysierende und abstrahierende Denken gefördert

Kreatives Schreiben bewirkte Möglichkeit der unabhängigen Äußerung , weil kein direktes Gegenüber vorhanden ist, schaffte Raum für Selbstreflexion , Individualität und Entfaltung des Fremdverstehens

Welchen Platz sollte kreatives Schreiben im Unterricht einnehmen?

  • Leitlinie des Unterrichts?

  • Ergänzung des bisherigen Repertoires?

  • Berechtigung nur in zusätzlichen und freiwilligen Angeboten?

  • Keine Berücksichtigung?

Argumente für kreatives Schreiben als Leitlinie im Unterricht:

  • Erfassung der ganzen Person

  • Erzielung überraschender Leistungen

  • Abbau von Schreibblockaden

  • Aktivierung der Imaginationskraft

  • Erlernung literarischer Techniken in Verbindung mit kreativen Schreiben

  • Aspekt des sozialen Lernens

Bewertung und Benotung kreativen Unterrichts

  • große Sensibilität ist gefordert

  • gemeinsame Besprechungen sind notwendig

Verfahren für kreatives Schreiben:

  • automatisiertes Schreiben

  • Meditieren zu inneren Vorstellungen und Erinnerungen oder Gegenständen

  • Clustering

  • Schreiben zu künstlerischen Ausdrucksformen

Quelle: Praxis Deutsch 119

Zum Thema Tiefenpsychologie : " Denn bei vielen Träumen und Worten sind auch viele Eitelkeiten. Vielmehr fürchte Gott:" ( Salomo im Buch des Predigers der Bibel, Kapitel 5,7 )


 

Kreatives Schreiben - Literaturhinweise

 

©opyright Dagmar Wilde, Berlin, April 2001

letzte Aktualisierung 07.04.2003

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